Ein sprechender Totenkopf, in einem abgeschiedenen Herrenhaus, versteckt im verschneiten Wald, in tiefer Nacht... Wie gruselig!

Aber so gruselig, wie's klingt, kommt Jon Klassens Bearbeitung eines Tiroler Volksmärchens gar nicht daher. Denn das Mädchen Otilla, die zweite Heldin der Geschichte, ist eher erfreut, bei dem knochigen Gesellen eine Zuflucht in der klirrendkalten Winternacht zu finden. Und da Totenköpfe in Ermangelung eines Restkörpers eher unmobil sind, nimmt der alte Schädel die Gelegenheit wahr, sich von Otilla zum ersten Mal seit vielen Jahren durch die verlassenen Hallen seines Zuhauses tragen zu lassen. Auch hier überlagert die Atmosphäre der dunklen, schneebedeckten Stille und Einsamkeit jede Regung des Schreckens. Erst als die beiden Protagonisten zu Bett gehen, offenbart der Totenkopf schließlich, welch dunkler Fluch ihn jede Nacht heimsucht. Aber Otilla ist kein Mädchen, dass leicht zu verängstigen ist. Entschlossen stellt sie sich dem unheimlichen Spuk in den Weg, befreit den Totenkopf von seinem Fluch und schließlich auch von seiner Einsamkeit.

In erdig-reduzierter Farbpalette und mit seinem gewohnt absurden, feinen Witz erzählt Jon Klassen ein altes Märchen ganz neu. Er lässt ein kleines Kunstwerk entstehen, an dem man sich wohlig gruseln, aber noch viel mehr wärmen kann. Für unerschrockene Kinder ab dem Vorschulalter. Und für alle älteren auch.